Ein Postbote spürt Adressen auf, um Briefe auszutragen. Die Stadt heißt Kabul. Straßen tragen keine Namen. Häuser keine Nummern. Jeder Bewohner kennt nur die eigene. Es dauert Stunden, manchmal einen Tag, bis ein Brief übergeben werden kann. Und oft müssen Briefe als unzustellbar wieder zum Postamt zurückgetragen werden. Einmal ist man so erfreut, Post aus den USA zu erhalten, dass man glaubt, der Bote kann nur der Freund des eigenen Sohnes sein und habe den Brief von dort hierher gebracht. So hat der Briefträger keine andere Wahl, als beim Tee zu erzählen, es gehe dem Sohn der Familie gut, nur etwas dick sei er geworden.

Über den Künstler
Wahid Nazir, geboren 1965, lebt und arbeitet in Kabul. In 1989 schloss er sein Studium der Filmregie an der Universität Kabul ab. 1992 verließ er Afghanistan und lebte bis 2002 im Iran. 2003 wurde er von der Afghan Film Organization als Regisseur engagiert. Thema seines ersten Dokumentarfilms war das Mobile Kino der afghanischen Provinz Panjshir. „Atifa“, sein erster „Faction“-Film als Produzent und Regisseur entstand 2004/2005. Sein Dokumentarfilm „Kabul Man“ (2006) wurde im afghanischen Staatsfernse- hen gezeigt. Zwischen 2006 und 2010 arbeitete er immer wieder in Frankreich bei Ateliers Varans. „Kabul Man“ gewann 2007 einen Preis beim Cannes Festival, weitere internationale Auszeichnungen folgten. In 2009 drehte er einen dreiminütigen Dokumentarfilm „Kabul Traffic“ für das britische Fernsehen.